Die Gefühle fahren Achterbahn
Von Manfred Hagemann

Gerade in der Bar kennengelernt, sollte der Abend eigentlich im Bett enden. Aber die Geschichte nimmt einen ganz anderen Verlauf als gedacht.
(Foto: Manfred Hagemann)

IBBENBÜREN. Eine banale Situation: Mann trifft Frau in einer Bar, man ist sich sympathisch, der letzte Drink soll in der Wohnung des Mannes eingenommen werden. Das ist eigentlich das, was der Beobachter mitbekommt. Was sich später in den vier Wänden abspielt, bleibt verborgen.

Anders am Donnerstag im Bürgerhaus, als eben gerade da mit dem Eintreffen der beiden im Penthouse die eigentliche Komödie ihren Anfang nimmt. Der Zuschauer wird unweigerlich zum Voyeur des sich vermeintlich anbahnenden amourösen Abenteuers zwischen der attraktiven Juliett und dem unverkennbar älteren Pierre, einem mittelständischen Unternehmer, der ihr aus guten Gründen verschwiegen hat, dass er verheiratet ist.

Vielen Zuschauern scheint klar zu sein, was nun auf dem nächtlich intimen Programm steht. Doch Juliett und Pierre, vorzüglich interpretiert von Susanne Schäfer und Peter Bongartz, erfüllen keineswegs deren klischeehafte Erwartungen.

Pierre gibt sich als souveräner Verführer und schleicht sich verbal unbedarft an seine Eroberung heran. Die Zuschauer genießen das sich entwickelnde Katz-und Maus-Spiel mit seinen bezeichnenden Charakteren, unerwarteten Szenenentwicklungen und feinsinnigem Wortwitz.

Juliett hingegen hegt begründete Bedenken. Sind ihr doch die in der großzügigen Wohnlandschaft akkurat angebrachten Familienfotos, auf denen Pierres Ehefrau und Sohn zu sehen sind, nicht unentdeckt geblieben. Juliett folgert richtig: Der Mann ist verheiratet. Seine Gattin ist mit dem gemeinsamen Sohn im Skiurlaub, gesteht ihr der alternierende Charmeur letztendlich entnervt ob ihrer eindringlichen Fragerei. Das bedeutet sturmfreie Bude für den Strohwitwer. Sie macht aus ihrer moralischen Entrüstung keinen Hehl und kehrt ihm den Rücken. Doch nur kurz.

Juliett präsentiert sich flink und wortgewandt von einer ganz anderen Seite. Sie ist es ohnehin, die in der turbulenten Konversation die Regie führt. Schließlich outet sie sich als Prostituierte und fordert einen stattlichen Betrag für ihre noch auszuführenden Dienste. Pierre ist sprachlos. So hatte er sich den Abend ganz und gar nicht vorgestellt. Dem anfänglichen Verführer steht die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Zwar willigt er ein, doch als ihm seine rätselhafte Bareroberung nach und nach wieder neue Identitäten eröffnet, ertränkt er mannestypisch seine Verunsicherung im Wodka. Nur eins ist ihm klar geworden, die Frau ist nicht das, was sie zu Beginn des Tête-à-Tête vorgab.

Der Zuschauer ist gefesselt vom eigentlich schlüssigen Handlungsablauf, es amüsiert sich köstlich und gibt sich lachfreudig über das brillant dargebotene Rollenspiel und die witzigen Dialoge von Susanne Schäfer und Peter Bongartz. Doch wird es am Ende still im Saal, als die Komödie eine unerwartete Wendung erfährt und so zum Drama arriviert. - Welches Kind wünscht sich nicht, auch einmal mit dem eigenen Vater Achterbahn zu fahren?

Ein wahrliches Meisterstück, mit dem der Autor Eric Assous die Zuschauer bis hin zur letzten Szene auf eine falsche Fährte setzt. Schon die Premiere des Originals „Les montagnes russes“ (Achterbahn) mit Alain Delon und Astrid Veillon lief im Théâtre Marigny in den Jahren 2004 bis 2005 mit großem Erfolg.

Eine derart positive Resonanz erzielen nun in der deutschen Übersetzung von Anita Lochner auch die beiden begnadeten Protagonisten Schäfer und Bongartz auf ihrer Wiederholungstournee von 2009/2010 unter der Regie von Michael Wedekind.

Ahlener Zeitung

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