Macho im Test

Boulevardglück: "Achterbahnfahrt" im Bayerischen Hof

Es ist ja nicht so, als ob die Deutschen in puncto Seitensprung Enthaltsamkeit üben würden. Aber die Franzosen gehen damit viel offener, lockerer um. Eric Assous hat sich des "Sujets" fürs Theater angenommen, typisch französisch rational-analytisch und dennoch sehr charmant: "Achterbahn", 2004 mit Frankreichs Alt-Charmeur Alain Delon uraufgeführt, ist jetzt in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof zu erleben. Susanne Schäfer und Peter Bongartz machen diese Komödie über den allzeit bereiten Seitensprung zu dem, was man nur als pures Boulevard-Glück bezeichnen kann.

Und das ganz ohne Bettszenen und Tür-auf-Tür-zu-Action. Statt williger Fortsetzung des Bar-Flirts zum erotischen Hauptgang, beginnt nämlich die abgeschleppte, wesentlich jüngere Juliette, diesen verheirateten, schon ergrauten Pierre buchstäblich auseinanderzunehmen.

Eine Wonne, wie Susanne Schäfer zunächst ganz die spröde junge Dame spielt, dann das züchtige Etui-Kleid zum verlockenden Dekolletee aufzippt, sich mit sexy-rund schwingenden Körperformen als Professionelle ausgibt und immer neue überzeigende Identitäten (man würde sie ja zugerne verraten) annimmt.

Das ist von Autor Assous, der hierzulande so viel Erfolg verdiente wie Kollegin Yasmina Reza, ein genialer Kunstgriff (eben diese "Achterbahn"), um alle Facetten des Prototyps "Fremdgeher" auszuleuchten. Und er tut das mit viel Sympathie für seine "Detektivin" und den abenteuerlustigen "Täter".

Peter Bongartz' Pierre, der, stur immer noch auf das Betthupferl hoffend, schließlich verletzt (Das ihm! Eine Nutte!) trotzdem das Lust-Honorar von 500 Euro aus der Hosentasche kramt, läuft dieser verwirrend wandelbaren Juliette immer wieder ins Messer. Und gibt in ihren raffinierten Test-Verfahren, perplex aus der Rolle des Alpha-Tiers gekippt, all die kleinen und großen männlichen Eitelkeiten zu, die Pseudo-Rechtfertigungen: Auch die Ehefrau darf. Man fragt nicht nach einer 30-jährigen Ehe.

Da sitzt man wie in einem regelrechtenPsycho-Krimi, mit völlig unerwarteter Auflösung und hat dabei noch das Hochvergnügen einer von Regisseur Micheal Wedekind animierten musikalisch-rasant getimten Sprache (gut Anita Lochners Übersetzung). Stürmischer Applaus für die gesamte Crew und den eigens angereisten Autor Eric Assous.

Malve Gradinger
Münchner Merkur, 19.03.2010

...:::: Fragen über Fragen ::::...
 
...:::: über Achterbahn ::::...
 
...:::: Achterbahn ::::...
 
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden