Peter Bongartz wandelt auf den Pfaden von Alain Delon
Syke. Nicht immer endet ein Abend so, wie Mann es sich vorgestellt hat. In der Bar waren sie sich doch ganz sympathisch, Pierre und Juliette, und offensichtlich stand ein kleines amouröses Abenteuer in Aussicht. Pierre nimmt die um einiges jüngere Frau mit auf einen letzten Schluck in sein Appartement - und dann entwickeln sich die Dinge plötzlich ganz anders.

Was führt die geheimnisvolle Blonde im Schilde? Peter Bongartz und Susanne Schäfer.

Auf den Brettern des Syker Theaters fand am Sonnabend eine glänzend gespielte Aufführung statt. Mal verwirrend und urkomisch, mal nachdenklich mit bissigen Zwischentönen spielten Peter Bongartz und Susanne Schäfer in der Komödie 'Achterbahn' von Eric Assous, die den Zuschauer bis zum Schluss in Atem - und bei guter Laune hielt.

Eine Achterbahn der Gefühle wurde es dann tatsächlich für den mäßig erfolgreichen Geschäftsmann Pierre, der sich schlicht einen Seitensprung vorgestellt hatte. In fünf verschiedene Rollen schlüpft die adrette Blonde im Laufe des Abends und führt den verwirrten älteren Herrn gehörig aufs Glatteis. Ein Paar, das umeinander kreist, und keiner weiß so recht, was er vom anderen zu halten hat in einer großzügigen Wohnlandschaft mit großformatigen Bildern. Wären da nicht die brav gerahmten Familienfotos, auf denen Ehefrau und Sohn der Besucherin entgegenlächeln. Aha, der Mann ist verheiratet, seine Gattin mit Sohn im Skiurlaub, die schicke Bude leer. Die Situation ein Klassiker.

Plötzlich ist Juliette gar nicht mehr die flotte Dame, die doch so einfach mit ihm nach Hause ging, um ein locker-flockiges Nachspiel mit ihm zu veranstalten. Stattdessen ziert sie sich und mimt die Schüchterne, spröde. Eine Frau mit Prinzipien, die auf keinen Fall mit einem verheirateten Mann in die Federn springt. Bei ihren Vorwürfen, wie er denn bloß seiner Frau untreu sein könne, erklärt er: 'Besser betrügen und verwöhnen, als treu sein und vernachlässigen'. Aber es hilft alles nichts, Pierre muss seine Felle als unwiderstehlicher Frauenverführer davonschwimmen sehen.

Lange bleibt Juliette (ganz hervorragend schlüpfte Susanne Schäfer in die immer wieder neuen Rollen) jedoch nicht bei dieser Variante eines Vollweibes, urplötzlich wandelt sich seine Kneipeneroberung von der moralisch einwandfreien zur professionellen Frau, die nur gegen einen stattlichen Betrag zu haben ist. Nach einigem Zieren zückt er also die geforderten 500 Euro - und schon hat er wieder eine andere Frau vor sich. Nämlich die Reporterin eines feministischen Frauenmagazins, die eine Reportage über den eigentümlichen Raubvogel Mann macht. Sie wirft ihm das Geld vor die Füße und will gehen. Doch dann hat sie nicht einmal das Geld für das Taxi und steht wieder in seiner Wohnung.

Herrlich verwirrt ertränkt Pierre seine Verunsicherung in Strömen von Schnaps, kreuzunglücklich sein Blick, wenn sein geheimnisvolles Gegenüber ihm wieder und wieder eine neue Identität vor den Latz knallt. Bis zur Pause ist nicht wirklich klar, weder dem gebeutelten Pierre noch den Zuschauern, worauf das Ganze hinausläuft. Zu hören waren im Foyer begeisterte Kommentare wie 'sehr witzig' und 'amüsant'. Auch Anerkennung für die schauspielerische Glanzleistung der beiden Darsteller, die mit ihrem Dialog die Zuschauer gefangen nahmen. Und danach wurde es dann zum Brüllen komisch, als der nächste Morgen den Anschein erweckt, als ob die beiden ... Nun ja, jeder dachte sich seinen Teil. Außer Pierre, der sich an nichts mehr erinnern kann. Doch schon rückt Juliette mit der nächsten 'Wahrheit' heraus: Sie habe den Auftrag von seiner Frau, seine Treue zu testen. Sie habe alles auf Band aufgenommen - Pierre zeigt sich komplett verdattert. Bis er auf den genialen Einfall kommt, doch alles noch einmal von vorn mit einem sittlich vorzeigbaren Ergebnis aufzunehmen. Zum Brüllen komisch, wie er versucht, nun seine Verführertour abzulegen und den biederen Ehemann zu geben.

Nach dieser Berg- und Talfahrt der Emotionen bekommt Pierre eine noch bitterere Pille zu schlucken. Aus ihrer Erzählung über ihre Kindheit und Jugend bei ihrer alleinstehenden Mutter in einem kleinen Dorf auf dem Lande wird immer deutlicher, dass die junge Frau seine Tochter aus einer längst vergangenen Zeit und einer anderen Liebe ist. Mit diesem eher nachdenklichen Ende und leisen Tönen kassierten die beiden Schauspieler ihren wohl verdienten lang anhaltenden Applaus.

'Les montagnes russes', so der Originaltitel, wurde 2004 in Paris mit Alain Delon in der Hauptrolle mit großem Erfolg uraufgeführt. Sie hat alles, was französische Komödien so einzigartig macht: genau gezeichnete Charaktere, einen raffinierten Handlungsaufbau und umwerfenden Wortwitz. Der in Tunis gebürtige Assous wurde als Drehbuchautor sowie als Regisseur in Frankreich bekannt und erntete Preise unter anderem bei den Festspielen in Cannes.

Weser Kurier, 08.02.2010

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